Relief von Simon-Simon
Das im Tropenhaus Frutigen ausgestellte Relief ist Teil von einem der vier vollständigen Abgüsse durch Ingenieur Simon. Dem ursprünglichen Relief wurde seine Grösse von 5,3 x 4,8 m zum Verhängnis: In den 70er Jahren sollte das 12-teilige Relief im Geologischen Institut Bern aus Platzgründen entsorgt werden. Glücklicherweise verhinderte Prof. Toni Labhart dies und lagerte es in einem Luftschutzkeller von Köniz ein. 1984 wurde auch dieser Raum anderweitig benötigt, worauf Toni Labhart die 12 Teile an verschiedene Interessierte übergab. Die acht westlichen Teile kamen an die Sekundarschule Reichenbach, welche sie 2007 der Kulturgutstiftung Frutigland abtrat.
Nachdem der bekannte Reliefbauer Toni Mair beschädigte Teile 2007 und 2010 restauriert hatte, wurde das Relief weiss gespritzt. So hatte es auch der Ingenieur Simon gewünscht: «… es bedarf gar nicht der coloristischen Nachhilfe …», Licht und Schatten sollten die Landschaft plastisch gestalten. Gerne hätte Simon Simon sein «Berner Oberland» in einem Pavillon auf der Höhenmatte in Interlaken ausgestellt gesehen. Ein Traum der sich leider nicht erfüllte. Das ausgestellte Relief ist eine Dauerleihgabe der Kulturgutstiftung Frutigland an das Tropenhaus Frutigen.
Der begeisterte Berggänger Simon Simon hatte auf Anregung von Prof. Albert Heim bereits ein paar kleinere Reliefs (Engadin) gebaut, als bei ihm die Idee keimte, die erhabene Berglandschaft des Berner Oberlandes in einem Relief darzustellen. 1886 kündigte der Ingenieur seine feste Anstellung im Eidg. Topographischen Büro, um auf eigene Kosten das grösste Alpenrelief zu verwirklichen. Er hoffte auf eine Vermarktung im aufkommenden Tourismus, bei der militärischen Ausbildung sowie dem Schweizerischen Alpenklub. Nach 24 Jahren aufwändiger Arbeit, mit kürzeren Unterbrechungen für topographischen Arbeiten im Tirol, wurde das 25 Quadratmeter grosse Relief 1913 beendet. Während acht Jahren leistete Josef Reichlin, ein Bauernsohn aus Arth, der das Modellieren in Frankreich erlernte, einen wesentlichen Beitrag am Relief. Er gestaltete vorallem die westlichen Kalkalpen.
Arbeit am Relief
Simon Simon unterteilte das Relief in 12 Sektionen (event. sogar in 24) und baute jede nach der traditionellen Relieftechnik: Treppenstufen-Modell – Urmodell – Gipsabgüsse.
Die Grundlage bildete der Siegfriedatlas im Massstab 1:50’000, deren Höhenkurvenbilder vergrösserte er auf den Massstab 1:10’000. Dann übertrug Simon die Höhenkurven (alle 60 m) auf 6 mm dickes Pappelholz oder Karton, sägte diese aus und klebte oder nagelte die Schichten aufeinander. Für die Niesenkette brauchte es ca. 30 Lagen. Vermessene Höhenpunkte wurden mit Stahlstiften markiert. Anschliessend wurde das Treppenstufenmodell mit Oelkitt ausgeglichen. Davon machte er über einen Negativ-Gipsabguss ein Positiv-Gipsmodell, das eine geglättete Landschaft darstellte.
Nach der handwerklichen Präzisionsarbeit erfolgte nun das künstlerische Gestalten und Modellieren. Mit feinen Schnitzwerkzeugen wurde die originale Landschaft nach den im Gelände gemachten Skizzen, Fotos und Panoramen gestaltet. Von Simon stammen prächtige Panoramen. Das Urmodell befindet sich heute im Histor. Museum Sarnen.
Vom Urmodell konnten nun verschieden Abgüsse gemacht werden. Das vollständige Relief wurde wahrscheinlich vier mal kopiert. Ein bemaltes Exemplar befindet sich im Schweiz. Alpinen Museum in Bern. Teilreliefs finden sich in verschiedenen Museen.
Obwohl sein Relief an den Weltausstellungen in Paris und Mailand ausgezeichnet wurde und er es in der Schweiz und Deutschland vorführen konnte, hatte sich seine Arbeit finanziell schlecht ausbezahlt. Der Ausbruch des 1. Weltkrieges beendete seine Reliefarbeit. Das Leid und Elend des Krieges veränderten Simons Lebensziele, er setzte sich bis an sein Lebensende für eine pazifistische Freidenkerbewegung ein. Im März 1925 starb Simon Simon in Bern völlig verarmt und vergessen an einer Lungenentzündung.