Zusammengestellt von Erich Blatter

Maria Lauber (1891-1973) gilt als eine bedeutende Stimme innerhalb der deutschschweizerischen Mundartliteratur des zwanzigsten Jahrhunderts. Ihre tief im Frutigland verwurzelten Werke weisen über die Region und die Zeit hinaus auf grundlegende existenzielle Gegebenheiten des Menschseins.

Die Betreuung des dichterischen Nachlasses sowie die Auseinandersetzung mit Leben und Werk von Maria Lauber bilden zentrale Aufgaben der «Kulturgutstiftung Frutigland».

  • 1891: Geburt am 25. August 1891 in Prasten (Gde. Frutigen). Tochter des Johannes Lauber und der Rosina Susanna, geborene Grossen. Reformiert.
  • 1898–1907: Primarschule in Oberfeld bei Frutigen; Sekundarschule in Frutigen.
  • 1907–1910: Ausbildung zur Primarlehrerin am Seminar der städtischen Mädchenschule Monbijou in Bern.
  • 1910–1924: Primarlehrerin in Adelboden, Neuligen (Gde. Eriswil) und Oberried (Gde. Lenk).
  • 1917: Weiterbildung als Auskultantin an der Universität Bern.
  • 1924-1952: Lehrtätigkeit an der Unterschule Kien bei Reichenbach.
  • 1942: Beitritt zum Berner Schriftstellerverein.
  • 1952: Frühzeitige Pensionierung aus Gesundheitsgründen.
  • 1973: Tod am 4. Juli 1973.

Auszeichnungen und Ehrungen

  • 1941: Ehrengeschenk des stadtbernischen Gemeinderates für ihre beiden Werke «Wa Grosatt nug het gläbt» (1939) und «Hab Sorg derzue» (1940).
  • 1951: Ehrenpreis der Erziehungsdirektion des Kantons Bern. Buchpreis der Schweizerischen Schillerstiftung für die Erzählung «Chüngold»
  • 1952: Literaturpreis des Gemeinderates der Stadt Bern in Würdigung ihres Gesamtschaffens und im Nachgang zu ihrem 60. Geburtstag.
  • 1955: Ehrenpreis der Erziehungsdirektion des Kantons Bern für «Chüngold in der Stadt».
  • 1966: Ehrenbürgerrecht der Einwohnergemeinde Frutigen. Literaturpreis des Kantons Bern.

Würdigung des Werkes

Die Talschaft Frutigen darf sich rühmen, in der 1973 verstorbenen Maria Lauber eine Dichterin ihr eigen zu nennen, die innerhalb der Berner Oberländer Mundartliteratur zu jenen herausragenden Jahrhundert-Begabungen zählt, denen eine weit über die Region hinaus gestreute Leserschaft bis in unsere Gegenwart anerkennendes Interesse zollt. An Prasten (oberhalb von Frutigen) in kargen bergbäuerlichen Verhältnissen aufgewachsen, in einem städtischen Seminar in Bern zur Lehrerin ausgebildet und früh schon durch den Gelehrten Otto von Greyerz zum Schreiben in ihrem angestammten Frutigdütsch ermutigt, hinterliess Maria Lauber nach einem äusserlich wenig spektakulär verlaufenen, aber innerlich um so facettenreicheren, mit seelischen Ängsten und Nöten befrachteten Leben ein breitgefächertes, hintergründig-vielschichtiges – unter anderem Romane, Erzählungen, Gedichte und Sagen umfassendes – Schrifttum, welches in seiner Gesamtheit unserer einheimischen Sprache, der Wesensart von Land und Leuten sowie dem im Tal beheimateten Volksbrauchtum ein eindrückliches, gültiges Denkmal errichtet.

Maria Lauber verwendete für die Mehrzahl ihrer Werke die regionale Mundart ihrer Generation. Man darf darin weder ein Spiel des Zufalls noch – wie leider so oft in dieser literarischen Sparte – ein blosses Zugeständnis an einen dialektfreundlichen Zeitgeist sehen. Vielmehr enthüllt diese Sprachformwahl die von der Autorin bereits früh und nicht ohne Wehmut geäusserte Einsicht, ihr Frutigtaler Idiom sei «am Vergaa». Gleichsam aus Notwehr setzte sich deshalb Maria Lauber zur Erhaltung ihrer Frutiger Mundart ein, indem sie mit feinem sprachlichem Gespür und überzeugendem künstlerischen Geschick die poetischen Möglichkeiten ihres Dialektes erprobte und dabei vor allem dessen herbe Schönheit und Eigenart oder dessen differenzierte Bildhaftigkeit und Aussagekraft erfolgreich zur Darstellung brachte. Mit einem solch subtil-engagierten Gebrauch der eigenen Mundart als Schreibsprache sprengt Maria Lauber den Rahmen der reinen Dialektpflege und ruft uns Lesenden Wert und Bedeutung unserer Mundart als unabdingbaren Teil des Mensch-Seins ins Bewusstsein.

Maria Lauber ist keine Schriftstellerin der lauten Töne. Im Gegenteil: oft begegnen wir der Dichterin in beinah orientalisch anmutender Konzentration. So etwa in ihrer Lyrik, wo sie uns ihre inneren Regungen mit Verhaltenheit aber grosser Intensität mitteilt, vielfach einzig vertrauend auf die Kunst des Andeutens oder die Wirkung der Stille. Obwohl die Dichterin die meisten ihrer Werke in ihrer Nah-Welt, der Talschaft der Entschligen und der Kander, ansiedelt, liegt nicht regional begrenzte Heimatliteratur vor uns. Denn hier, in ihrem eigenen, engsten Lebens- und Erfahrungskreis findet und erfasst die Autorin im noch so Kleinen und Unscheinbar-Alltäglichen jenen unerschöpflichen Reichtum an Wundern, der sich unter ihrer Feder sinnbildhaft weitet zum Spiegel der menschlichen Selbstwahrnehmung.